Freitag, 9. Januar 2015

Das Verbot der E - Scooter...

Seit dem 01. Januar gibt eine folgenschwere Änderung in den Beförderungsbedingungen des VBN: Ab sofort die Beförderung von E - Scootern in Bussen und Straßenbahnen im Verbundgebiet nicht mehr zulässig. Diese Entscheidung, die auf Basis einer Studie des VDV bei fast allen Verkehrsunternehmen deutschlandweit getroffen worden ist, hat in den vergangenen Tagen zahlreichen Unmut seitens der Interessenverbände sowie anderer Fahrgäste ausgelöst.
Dies nachvollziehbare Kritik hat den VBN zu einem offenen Brief bewogen, der auch hier im Beitrag zu finden ist. Darin sind die genauen Hintergründe zu finden, welche zu dieser Entscheidung führen mussten.

Die Studie des VDV liegt vor und sie ist nach einer Prüfung keineswegs anzufechten, da sie auf wissenschaftlichen Grundlagen beruht und die Ergebnisse der Versuche in der richtigen Weise deutet.

Es stellt sich also jetzt die Frage, wie es weitergehen soll...
Man wartet aktuell auf eine weitere Studie aus Nordrhein-Westfalen, welche sich noch ausführlicher mit der Problematik befassen und gleichzeitig auch Lösungsmöglichkeiten aufzeigen soll.
Da die VDV - Untersuchung gezeigt hat, dass ausschließlich kleine E - Scooter (4 Räder, Länge 1,05m, Breite 0,55m, Leergewicht 56kg, Zuladung 125kg) im Leerzustand beförderungsfähig sind, wird es wohl zukünftig feste Beschränkungen geben. Diese werden nicht nur auf das (Kipp-) Verhalten der Scooter bei stärkeren Bremsungen, sondern auch auf die Abmessungen und Gewichte abzielen.
Aktuell besteht so noch die Problematik, dass die Klapprampen oder Hublifte nicht für ein solch hohes Gewicht (bis zu 450kg) und die Fahrzeuge nicht für solch große Gefährte (bis zu 1,61m x 0,78m) ausgelegt sind.
Auch werden Sicherungseinrichtungen entwickelt und gebaut werden müssen, um diese sicher befördern zu können. Weiterhin wird im Anschluss aller Planungen und Maßnahmen das letzte Wort bei den Versicherern liegen, die diesem zustimmen müssen.

Zwar ist bekannt, dass die Krankenkassen und auch Privatpersonen die E - Scooter aufgrund ihrer hervorragenden Möglichkeiten den Elektrorollstühlen vorgezogen werden, wer langfristig jedoch problemlos mit Bus und Bahn unterwegs sein möchte, muss wohl aus diese umsteigen.

Ein allgemeiner Hinweis zum Schluss: Die Beförderung der E - Scooter im Eisenbahnverkehr bei der Bahn, Nordwestbahn, Metronom, Erixx und der EVB ist im VBN - Gebiet (und darüber hinaus) weiterhin möglich.





Offene Information zum Beförderungsausschluss von E-Scootern in Bussen und Straßenbahnen

Zunächst möchten wir betonen, dass uns die Entscheidung „menschlich“ nicht leicht gefallen ist und wir großes Verständnis für die Reaktionen der Betroffenen haben.

Die Sachlage, auf die wir nachfolgend eingehen, lässt aber leider derzeit keine andere Entscheidung zu.

In den letzten Jahren sind gerade im VBN-Gebiet viele Maßnahmen für die Betroffenen realisiert worden. Niederflurbusse sind eingeführt worden, ebenso wurde der Umbau von Haltestellen voran getrieben. Abstellflächen für Rollatoren, Rollstühle und auch für Elektrorollstühle wurden umgesetzt. Diese sind auch von dem Ausschluss nicht betroffen. Voraussetzung hierfür ist eine EU-Norm, die die Abstellflächen und die Rollstühle definiert. Fahrzeugtechnisch sind diese Maßnahmen eingeflossen und umgesetzt. Nachfolgend beschreiben wir die Sachlage, die sich durch die sog. E-Scooter ergeben hat und zitieren zum Teil aus Unterlagen des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen, der seinen Mitgliedern den Ausschluss von E-Scootern empfohlen hat.

Nachdem es zu mehreren gefährlichen Ereignissen im Zusammenhang mit der Beförderung von E-Scootern kam und ein Nutzer, dem die Beförderung untersagt wurde mit großer öffentlicher Breitenwirkung das Mitnahmeverbot in Frage stellte, hat der VDV das Gefährdungspotenzial, dass aus der Mitnahme von E-Scootern im ÖPNV resultiert, durch die STUVA näher untersuchen lassen.

Verkehrsunternehmen sind verpflichtet, alle Fahrgäste sicher zu befördern. Die gesetzlichen Regelungen wie das PBefG, die BO Kraft, die BOStrab oder die Verordnung über die allgemeinen Beförderungsbedingungen verlangen von den Unternehmen, alles zu unterlassen, was zu einer Gefahr für Fahrgäste oder Sachen führen könnte. Sinngemäß trifft diese Pflicht auch die Fahrgäste, wie aus der VO über die allg. Beförderungsbedingungen folgt. Die gutachterliche Untersuchung kommt zu folgenden Ergebnissen:

·        Bei einem E-Scooter mit aufsitzender Person ist bei einer Gefahrbremsung mit einem Kippen zu rechnen.
·        Ohne aufsitzende Person ist ein Kippen zwar nicht ausgeschlossen, jedoch ist mit einem Verrutschen zu rechnen.
·        Weitere gefahrerhöhende Momente wie Gefälle, nasser oder verunreinigter Fußboden des Busses bzw. der Straßenbahn oder der E-Scooter-Reifen, wodurch die Haftreibung reduziert wird, oder das sog. „Bremsnicken“ des Busses nach vorn bei der Gefahrbremsung, das allein ein Gefälle von 2 % - 3 % erzeugen würde, ist ebenso nicht berücksichtigt wie eine geringere Aufstandskraft des E-Scooters durch Unebenheiten des Fahrwegs. Deshalb ist die Gefahr des Kippens oder Verrutschens eher höher als im Gutachten dargestellt, als geringer.

Bei dieser Gefahrenlage und vor dem Hintergrund der o.g. rechtlichen Regelungen dürfen die Unternehmen letztlich nicht billigend in Kauf nehmen, dass durch die Beförderung von E-Scootern die aufsitzende Person selbst, andere Fahrgäste oder Sachen beschädigt werden können. Ergänzend hat der VDV noch auf folgendes hingewiesen:

·        In den dem VDV bekannten Bedienungsanleitungen warnen die Hersteller eindringlich vor einem Transport der E-Scooter mit aufsitzender Person in anderen Fahrzeugen und weisen darauf hin, dass unbesetzte E-Scooter in anderen Fahrzeugen auch nicht ungesichert transportiert werden dürfen, sondern stets sicher zu verzurren sind. Insoweit teilen die Hersteller der E-Scooter die Beurteilung der Gefahrensituation. Allein diese Herstellerwarnung in der Bedienungsanleitung würde schon das Mitnahmeverbot zwingend notwendig machen.

·        Würde in Kenntnis dieser Gefahrenlage ein E-Scooter befördert und kommt dabei eine Person zu Schaden, wäre dies strafrechtlich mindestens als fahrlässige Körperverletzung zu qualifizieren. Strafrechtlich verantwortlich wären neben dem E-Scooter-Nutzer auch der Unternehmensleiter, der Betriebsleiter und der Busfahrer. Aufgrund der Warnungen in den Betriebsanleitungen ist dem Nutzer die Gefahr positiv bewusst oder hätte bekannt sein müssen und er setzt sich in Kenntnis über diese Warnungen hinweg. Gleiches gilt für den Busfahrer, den Betriebsleiter und den Unternehmensleiter, der dies duldet oder positiv zugelassen bzw. angeordnet hat.

·        Neben der strafrechtlichen Verantwortung haftet derselbe Personenkreis auch zivilrechtlich, wenn Personen oder Sachen geschädigt werden. Ein Versicherer hat einem Mitgliedsunternehmen des VDV bereits mitgeteilt, dass er einen Schadensausgleich bei dieser eindeutigen Sach- und Rechtslage ablehnt. Ernsthaft prekär kann diese Haftung besonders für die E-Scooter-Nutzer sein, wenn ihre Haftpflichtversicherung, so sie überhaupt besteht, eine Schadensregulierung ablehnt. Dies würde zu einer höchstpersönlichen Haftung führen.

·        Das OLG Saarbrücken hat diese Haftungsfolgen im Frühjahr 2014 noch einmal bestätigt. Im dort entschiedenen Fall hatte sich ein Rollstuhlfahrer nicht auf den definierten Stellplatz begeben. Dies hat der Busfahrer erkannt bzw. hätte erkennen müssen. Er hat trotzdem die Fahrt fortgesetzt. Durch eine Bremsung kippte der Elektrorollstuhl und der Nutzer verletzte sich. Das Gericht hat entschieden, dass der Busfahrer dem Behinderten hätte aufgeben müssen, den definierten Aufstellplatz aufzusuchen oder aber er hätte ihn von der Fahrt ausschließen müssen. Diese gesicherte Rechtsprechung ist auch auf die Beförderung von E-Scootern übertragbar und beschreibt die Rechtspflichten des Unternehmers und seines Personals. Neben dem Fahrgast selbst haben sie dafür zu sorgen, dass Gepäck (E-Scooter sind Gepäckstücke im rechtlichen Sinne) sicher verstaut wird. Da der E-Scooter den definierten Aufstellplatz aufgrund seiner geringen Manövrierfähigkeit nicht aufsuchen kann und zudem nicht den in der Norm UN/ECE R 107 definierten Abmessungen entspricht, ist seine Beförderung im ÖPNV nicht sicher möglich. Wenn diese Rechtsprechung schon bei der Eigengefährdung des Nutzers gilt und somit zur Haftung des Unternehmens führt, muss das umso mehr bei einer Fremdgefährdung eines unbeteiligten dritten Fahrgastes gelten.

·        Selbst wenn durch die ungesicherte Beförderung des E-Scooter kein Schaden eintritt, ist der E-Scooter im Bus straßenverkehrsrechtlich als Ladung nicht hinreichend gesichert. Dies stellt eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit dar und wäre darüber hinaus zulasten des Busfahrers mit einem Punkt im Verkehrszentralregister zu ahnden. In der Konsequenz würde also der Busfahrer seinen Führerschein und damit seine berufliche Existenz aufs Spiel setzen.

·        Nur der Vollständigkeit halber sei noch auf die personenbeförderungs-rechtlichen Konsequenzen hingewiesen. Verstößt der Unternehmer beharrlich gegen Vorschriften des PBefG, wie das hier bei fortgesetzter Duldung der Fall wäre, müsste ihm in letzter Konsequenz die Genehmigung entzogen werden.

·        In NRW gab es einen „Runden Tisch“ mit 7 Behindertenverbänden. Dabei wurde nach Aussage des VDV von den Verbänden die inhaltliche Wertung des Gutachtens nicht in Frage gestellt.
Aus Sicht des VDV stellt das Beförderungsverbot für E-Scooter keine unüberbrückbaren Härten für mobilitätseingeschränkte Personen dar. Die Verkehrssysteme sind in den letzten Jahren mit erheblichem Aufwand für die Beförderung von (Elektro-) Rollstühlen ertüchtigt worden. Durch einen Umstieg auf diese Rollstühle könnte eine Beförderung weitestgehend gewährleistet werden. Uns ist bewusst, dass die Krankenkassen aus Kostengründen bevorzugt E-Scooter finanzieren. Dies kann jedoch kein Grund sein, eine Gefährdung dritter Fahrgäste im ÖPNV bei der derzeitigen Sachlage zu akzeptieren. In NRW hat der VDV gemeinsam mit dem Land und dem Landesbehindertenbeauftragten die Krankenkassen bereits auf diesen Missstand aufmerksam gemacht und auf Abhilfe gedrungen.

Das Land NRW beabsichtigt weiterhin, ein weiteres Gutachten zu vergeben, das die Möglichkeiten einer sicheren Beförderung von E-Scootern im ÖPNV untersuchen soll. Damit erkennt das Land die hier dargestellte Gefahrensituation implizit an, weil dieses weitere Gutachten denknotwendig eine aktuell unsichere Beförderung im ÖPNV voraussetzt. Diese Ergebnisse werden nach Vorlage bewertet und es wird zu prüfen sein, inwieweit eine sichere Beförderung möglich sein kann und für die Zukunft wieder ermöglicht wird. Hier sind alle Beteiligten aufgerufen, an Lösungen zu arbeiten. Der VBN wird sich hier aktiv beteiligen und im VDV und mit den Verkehrsunternehmen und den Landesbehindertenbeauftragten nach Lösungsmöglichkeiten suchen. Wir haben Kontakt zu den Landesbehindertenbeauftragten aufgenommen und werden im engen Dialog das weitere Vorgehen besprechen.

Es werden auch nicht die betroffenen Menschen ausgeschlossen, sondern Hilfsmittel, die nach den geltenden Gesetzen und Verordnungen nicht sicher befördert werden können, dadurch die Verkehrssicherheit und damit den Nutzer und andere Fahrgäste gefährden.

Mittlerweile wurden E- Scooter bei vielen Unternehmen von München über Frankfurt, Köln, Dortmund bis Bremerhaven von der Beförderung in Bussen und Straßenbahnen aufgrund des Gutachtens ausgeschlossen. - VBN GmBH 


1 Kommentar:

  1. Aktuelle Änderung: http://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadtreport_artikel,-BSAG-laesst-wieder-E-Scooter-mitfahren-_arid,1031892.html

    AntwortenLöschen